Was ist neu in 2022 ?

Wir fassen für Sie die wichtigen Änderungen im Arbeitsrecht zusammen.

Mindestlohn

Im Jahr 2022 treten mindestens 2 Erhöhungen des Mindestlohns ein:

  • ab dem 01.01.2022 steigt er auf € 9,82 brutto/Stunde
  • ab dem 01.07.2022 steigt er auf € 10,45 brutto/Stunde.

Die neue Bundesregierung hat außerdem im Koalitionsvertrag eine Erhöhung auf € 12,- Euro brutto/Stunde vereinbart. Wann dies erfolgen wird, ist allerdings noch nicht bekannt.

Die EU-Kommission plant ihrerseits einen rechtlichen Rahmen für europäische Mindestlöhne, die sich an den Durchschnittslöhnen im jeweiligen EU-Land orientieren sollen. Auch hier bleibt abzuwarten, ob und wann Änderungen eintreten.

Kurzarbeit

Die Sonderregelungen aufgrund der COVID-Pandemie wurden im Wesentlichen bis zum 31.03.2022 verlängert:

  • Es bleibt beim erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld, d. h. statt mindestens 1/3 müssen lediglich mindestens 10 % der Belegschaft von einem Entgeltausfall betroffen sein; es müssen keine negativen Arbeitszeitsalden aufgebaut werden.
  • Die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 24 Monaten kann bis 31.03.2022 genutzt werden.
  • Es bleibt bei der Staffelung zur Erhöhung der Leistungssätze, d. h.:
    • ab dem 4. Bezugsmonat: 70 % bzw. 77 % der Nettoentgeltdifferenz
    • ab dem 7. Bezugsmonat: 80 bzw. 87 % der Nettoentgeltdifferenz.

Diese Staffelung wird auf die Beschäftigten ausgeweitet, die ab April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind.

  • Die Sozialversicherungsbeiträge werden dem Arbeitgeber zu 50 % erstattet.
  • Leiharbeitnehmer/-innen können weiterhin Kurzarbeitergeld beziehen.
  • Der Hinzuverdienst aus einer geringfügigen Beschäftigung wird nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersversorgung

Ab dem  01.01.2022 müssen Arbeitgeber in der betrieblichen Altersversorgung einen Arbeitgeberzuschuss zahlen. Bisher war die Zuschusspflicht auf Neuzusagen ab dem 01.01.2019 beschränkt.

Arbeitgeber sind bei Entgeltumwandlungen, die in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds realisiert werden, zur Zahlung eines Zuschusses verpflichtet (§ 1a Abs. 1a BetrAVG).  Diese Regelung gilt jetzt für alle Entgeltumwandlungsvereinbarungen, soweit der Arbeitgeber dadurch Sozialversicherungsbeiträge einspart (§ 26a BetrAVG).

Ab dem 01.01.2022 müssen Arbeitgeber also 15 % des umgewandelten Entgelts, höchstens jedoch die eingesparten Sozialversicherungsbeiträge als Zuschuss leisten.

Achtung: Diese Regelungen sind tarifdispositiv, d.h. in Tarifverträgen kann zugunsten oder zulasten der Beschäftigten von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden.

Es ist noch nicht geklärt, in wieweit Arbeitgeber, die bisher freiwillig einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung zahlen, diesen Zuschuss auf die gesetzliche Zuschusspflicht anrechnen dürfen. Hier wird es vor allem darauf ankommen, was zum freiwilligen Zuschuss geregelt wurde, z. B. im Arbeitsvertrag.

Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersenten

Die aufgrund der COVID-Pandemie befristet erhöhte Hinzuverdienstgrenze für Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze wurde verlängert. Für das Jahr 2022 beträgt die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze weiterhin € 46.060. Dies gilt für Neu- und Bestandsrentner.

Achtung: Diese Hinzuverdienstgrenze gilt nicht für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten! Hier bleibt es bei den gesetzlichen Regelungen.

Elektronische Arbeitslosmeldung

Ab dem 01.01.2022 ist eine elektronische Arbeitslosmeldung möglich.

Bisher konnte sich ein Beschäftigter elektronisch arbeitssuchend melden, wenn die persönliche Meldung nachgeholt wurde (§ 38 Abs. 1 SGB III); die Arbeitslosmeldung musste dagegen immer persönlich erfolgen (§ 141 SGB III). Soweit die Agenturen für Arbeit aufgrund der COVID-Pandemie von einer persönlichen Meldung abgesehen hatten, war dies im September 2021 wieder aufgehoben worden.

Zum 01.01.2022 wurde § 141 Abs. 1 SGB III geändert: Ein Arbeitsloser kann sich jetzt über das Fachportal der Bundesagentur auch elektronisch arbeitslos melden. Die Identifikation erfolgt dabei mit Hilfe des Personalausweises mit Online-Ausweisfunktion oder eines anderen elektronischen Identifikationsnachweises (elektronischer Aufenthaltstitel, eID-Karte, Ausweis eines EU-/EWR-Mitgliedslandes mit Online-Ausweisfunktion).

Sachbezugsfreigrenze

Zum 01.01.2022 wurde die Sachbezugsfreigrenze von € 44,- auf € 50,- angehoben.

Die Digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt

Wir hatten Sie schon vorab informiert (News- Archiv: „Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2021 – alles digital? Informationen für Arbeitnehmer“)

Ab dem 01.07.2022 wird § 5 Abs. 1a EFZG in Kraft treten. Die Arbeitgeber werden dann von der Krankenkasse digital über die Arbeitsunfähigkeit der gesetzlich versicherten Arbeitnehmer informiert werden sowie über die Dauer der zu zahlenden Entgeltfortzahlung. Die Krankenversicherung stellt die Daten zum Abruf bereit und die Arbeitgeber können die Daten mit dem Entgeltabrechnungsprogramm abrufen.

Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitnehmer wird also entfallen.

Achtung: Die Pflicht, eine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich zu melden (§ 5 Abs. 1 S. 1 EFZG) und ärztlich feststellen zu lassen, wird dadurch nicht aufgehoben!  Die Neuregelungen gelten außerdem nicht bei einer Erkrankung im Ausland; hier gilt die Melde- und Nachweispflicht wie bisher. Außerdem gelten die Neuregelungen nur für gesetzlich Versicherte und nicht bei Aufsuchen eines Arztes, der nur privat abrechnet.

Noch kein Whistleblower-Gesetz

Am 16.12.2019 ist die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern („Richtlinie 2019/1937 vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“) in Kraft getreten.

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern verpflichtet werden, zuverlässig funktionierende Kanäle einzurichten, mit denen Meldungen über Missstände in Unternehmen erfolgen können.  Hinweisgeber (sog. „Whistleblower“) sollen vor Repressalien, z. B. einer Kündigung oder Einschüchterung, geschützt werden. Außerdem soll erreicht werden, dass Meldungen zunächst intern erfolgen, bevor ggfs.  externe Stellen (wie z. B. die Staatsanwaltschaft) eingeschaltet werden. Es werden auch Fristen geregelt, innerhalb derer Unternehmen und Gemeinden auf Meldungen von Missständen reagieren müssen.

Die EU-Mitgliedstaaten hatten bis 17.12.2021 Zeit, um die Richtlinie umzusetzen. In Deutschland war ein „Hinweisgeberschutzgesetz“ geplant. Das Gesetzgebungs-verfahren ist allerdings gescheitert. Daher ist kein Gesetz in Kraft getreten.

Die neue Bundesregierung hat angekündigt, das Gesetzgebungsverfahren wieder aufzugreifen. Solange ein Gesetz allerdings nicht verabschiedet ist, ist offen, ob sich Hinweisgeber unmittelbar auf die Richtlinie berufen können:

Europäische Richtlinien können unter Umständen nach Ablauf ihrer Umsetzungsfrist unmittelbare Wirkung entfalten und damit auch ohne nationales Gesetz anwendbar sein. Eine solche unmittelbare Anwendbarkeit wird aber nur dann angenommen, wenn die Bestimmungen der Richtlinie so klar sind, dass sie inhaltlich keiner weiteren Konkretisierung bedürfen. Daher ist die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern umstritten. Whistleblower können sich hierauf derzeit jedenfalls nicht verlassen.

Es bleibt abzuwarten, ob und wann ein neues Gesetz in Kraft tritt.

Wir halten Sie natürlich informiert.

Wir sind für Sie da!

Wir wünschen Ihnen ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2022.

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