Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit „null“

Das BAG hat am 30.11.2021 entschieden: Die Kürzung ist zulässig.

Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 30.11.2021 (9 AZR 225/21)
Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 30.11.2021 (9 AZR 234/21)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 30.11.2021 das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. März 2021 (6 Sa 824/20) bestätigt.

Das Urteil

Geklagt hatte eine Verkaufshilfe, die in Teilzeit beschäftigt ist. Bei einer Sechstagewoche hätte ihr ein Urlaub von 28 Werktagen pro Kalenderjahr zugestanden. Aufgrund ihrer Teilzeit von 3 Tagen/Woche hatte sie umgerechnet einen Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen.

Der Arbeitgeber führte im Jahr 2020 während Corona-Pandemie Kurzarbeit ein. Dadurch hat die Verkaufshilfe in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 gar nicht und in den Monaten November und Dezember 2020 nur an fünf Tagen gearbeitet.

Der Arbeitgeber hat daraufhin den Urlaub neu berechnet und kam unter Abzug der Zeiten mit Kurzarbeit auf 11,5 Arbeitstage. Dagegen hat die Verkaufshilfe geklagt und die fehlenden 2,5 Urlaubstage gefordert.

Wird der Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit gekürzt ?

Diese Frage war bislang sehr umstritten. Das LAG Düsseldorf hatte das bejaht und sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 13.12.2018 (C-385/17) bezogen. Der EuGH hatte die Auffassung vertreten, dass Kurzarbeit „Null“ (also ohne jegliche Arbeitsleistung) wie Teilzeit zu behandeln ist.

Diese Auffassung hat das BAG nun bestätigt und gerechnet:

Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (d. h. 24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Ändern sich im Verlauf des Jahres die Tage mit Arbeitspflicht, muss daher neu gerechnet werden.

Aufgrund ihrer Teilzeit hatte die Verkaufshilfe einen Jahresurlaub von  bisher 14 Arbeitstagen (28 Werktage x 156 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

Infolge der Kurzarbeit reduzierten sich die Tage mit Arbeitspflicht und der Jahresurlaub musste neu berechnet werden: Zieht man die drei Monate ab, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen ist, hätte die Verkaufshilfe lediglich einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

Diese Kürzung des Urlaubsanspruchs tritt gesetzlich ein und hängt nicht von einer Erklärung des Arbeitgebers ab.

Der Arbeitgeber hatte also mit 11,5 Tagen schon mehr Urlaub gerechnet, als der Verkaufshilfe für 2020 zustanden.

Gilt die Kürzung des Urlaubs auch, wenn die Kurzarbeit durch Betriebsvereinbarung geregelt wird ?

Ja.

Das BAG hat am 30.11.2021 in einem weiteren Urteil (9 AZR 234/21) das Urteil das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 03.05.2021 (9 Sa 1/21) zu dieser Frage bestätigt: Als vertragliche Vereinbarung über Kurzarbeit, die zu einer Reduzierung des Urlaubsanspruchs führt, gilt auch eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von „Kurzarbeit Null“.

Unsere Tipps:

Eine Kürzung des Urlaubs setzt immer voraus, dass die Kurzarbeit wirksam eingeführt wurde, entweder durch Vereinbarung mit dem einzelnen Arbeitnehmer oder durch Betriebsvereinbarung. Das sollten Sie prüfen.

Falls Ihr Arbeitgeber in Zukunft Ihre Zustimmung zur Einführung – oder Verlängerung – von Kurzarbeit einholt, denken Sie an Ihren Urlaub  !

Wir helfen Ihnen gerne !