“Rufbereitschaft” als Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie
Leitsätze (gekürzt)
- Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG ist dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, das Arbeitsentgelt für Bereitschaftszeiten zu Hause wie die im Ausgangsverfahren fraglichen in Abhängigkeit davon festzulegen, ob diese Zeiten zuvor als “Arbeitszeit” oder als “Ruhezeit” eingestuft wurden.
- Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG ist dahin auszulegen, dass die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und während deren er der Verpflichtung unterliegt, einen Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb von acht Minuten Folge zu leisten, wodurch die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, erheblich eingeschränkt ist, als “Arbeitszeit” anzusehen ist.
Entscheidung
Der EuGH hat in dieser Entscheidung bestätigt, dass Bereitschaftszeit als Arbeitszeit anzusehen ist, wenn der Arbeitnehmer die Verpflichtung hat, sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (z.B. zu Hause) zu befinden und sich bei Bedarf innerhalb von acht Minuten am Arbeitsplatz einzufinden hat.
Die Einschränkung, die sich aus geografischer und zeitlicher Sicht aus dem Erfordernis ergibt, sich innerhalb von acht Minuten am Arbeitsplatz einzufinden, könne objektiv die Möglichkeiten eines Arbeitnehmers einschränken, sich seinen persönlichen und sozialen Interessen zu widmen, führte der EuGH aus. Aufgrund dieser Einschränkung unterfällt eine solche Situation dem Begriff der Arbeitszeit.
Im deutschen Recht ist zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft zu unterscheiden. Rufbereitschaft liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, bei Bedarf seine Arbeit außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit zu verrichten und daher für den Arbeitgeber ständig erreichbar sein muss. Eine Bestimmung zu einem bestimmten Aufenthalt erfolgt hier gerade nicht.
Beim Bereitschaftsdienst wird stattdessen vom Arbeitnehmer gefordert, dass er sich an einem bestimmten Ort aufhalten muss, um seine Arbeit unverzüglich aufnehmen zu können. Statt einer örtlichen Bestimmung kann auch alternativ gefordert werden, dass er innhalb kurzer Zeit (z.B. 20 Minuten) am Arbeitsplatz zu erscheinen hat.
Ob und wie der Bereitschaftsdienst bzw. die Rufbereitschaft vergütet wird, richtet sich dann im Einzelnen nach Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag.
Europäischer Gerichtshof vom 21.02.2018 – C 518/18 –