Die Entscheidung im Monat Dezember 2019 für Arbeitnehmer

Urlaubsabgeltung – Wahrung der Ausschlussfrist

Amtlicher Leitsatz

Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterfällt einer einzelvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfrist. Diese ist im Falle einer Globalverweisung keiner Inhaltskontrolle zu unterziehen. Die Anwendung des § 3 S. 1 MiLoG zur Absicherung einer Abgeltung auf Basis des gesetzlichen Mindestlohnes ist rechtlich nicht geboten.

Die Ausgangslage

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Endet das Arbeitsverhältnis und kann der Urlaub bis zum Ausscheiden nicht (vollständig) genommen werden, ist der Resturlaub finanziell abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Aber Achtung: Der Abgeltungsanspruch ist ein Geldanspruch. Greift daher eine vertragliche oder tarifliche Ausschlussfrist, muss der Anspruch fristgerecht geltend gemacht werden. Ansonsten verfällt der Anspruch ersatzlos.

Die Entscheidung

In den vergangenen Jahren haben die Landesarbeitsgerichte und das Bundesarbeitsgericht immer wieder über die Frage der Wirksamkeit von Ausschlussfristen entscheiden müssen.

Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen unterliegen einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Sie müssen klar formuliert sein und dürfen Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Anerkannt sind z. B. Ausschlussfristen, wonach Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden müssen. Es ist allerdings u. a. streitig, inwieweit unverzichtbare Ansprüche in arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen ausdrücklich ausgenommen werden müssen, speziell Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn. Fehler diesbezüglich führen nämlich zur vollständigen Unwirksamkeit der Ausschlussfrist mit der Folge, dass der Geldanspruch bis zur Grenze der gesetzlichen Verjährung (3 Jahre) eingeklagt werden kann.

Ganz anders ist die Rechtslage bei Ausschlussfristen in Tarifverträgen: Gemäß § 310 BGB finden die §§ 305 ff. BGB auf Tarifverträge nämlich keine Anwendung. Tarifvertragliche Ausschlussfristen können z. B. viel kürzer als 3 Monate sein. Fehler in tarifvertraglichen Ausschlussfristen führen auch nicht zur vollständigen Unwirksamkeit der Ausschlussfrist sondern nur zu einer Teil-Unwirksamkeit (BAG, Urteil vom 20.6.2018 – 5 AZR 377/17). Nimmt eine tarifliche Ausschlussfrist also Ansprüche aus, die vom Mindestlohngesetz geschützt sind, ist sie nur insoweit unwirksam, im Übrigen aber gültig.

Das LAG Nürnberg hat nun noch einmal klargestellt, dass die Regeln für tarifvertragliche Ausschlussfristen auch gelten, wenn in einem Arbeitsvertrag uneingeschränkt auf einen Tarifvertrag verwiesen wird (sog. Globalverweisung). Eine Inhaltskontrolle findet also nicht statt (BAG, Urteil vom 18.09.2012 – 9 AZR 1/11).

Das LAG Nürnberg hat darüber hinaus entschieden, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht dem Schutz des Mindestlohngesetzes unterliegt. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn entsteht nach dem Mindestlohngesetzes für jede geleistete Arbeitsstunde. Der Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub ist nach Auffassung des LAG Nürnberg mit „geleisteten Arbeitsstunden“ nicht vergleichbar.

 

Folge: Der Urlaubsabgeltungsanspruch kann vollständig einer tariflichen Ausschlussfrist unterworfen werden, auch durch Verweis in einem Arbeitsvertrag.

Die Folgen dieser Entscheidung

Machen Sie Ihren Anspruch auf Urlaubsabgeltung rechtzeitig geltend!

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des ihm nicht gewährten Urlaubs entsteht gemäß   § 7 Abs. 4 BurlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird zu diesem Zeitpunkt fällig (BAG, Urteil vom 17.10.2017 – 9 AZR 80/17). Ab diesem Zeitpunkt läuft also die Ausschlussfrist.

Diese Frist wird nicht durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage gewahrt (BAG, Urteil vom 21.02.2012 – 9 AZR 486/10). Sie müssen den Anspruch also sicherheitshalber selbst dann geltend machen, wenn Sie sich gegen eine Kündigung wehren!

LAG Nürnberg, Urteil vom 29.05.2019 – 4 Sa 1/19 –

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