Die Entscheidung im Monat April 2019 für Arbeitnehmer

Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung

“Zuvor” heißt zuvor – Bundesarbeitsgericht (BAG) ändert seine Rechtsprechung ab, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Juni 2018 entschieden hatte, dass die Annahme des BAG, eine sachgrundlose Befristung sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, die Grenzen der vertretbaren Auslegung überschreitet

Leitsatz

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa Eineinhalbjähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte.

Sachverhalt

Der Kläger war vom 19. März 2004 bis zum 30. September 2005 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig. Mit Wirkung zum 19. August 2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28. Februar 2014 als Facharbeiter ein. Die Parteien verlängerten die Vertragslaufzeit mehrfach, zuletzt bis zum 18. August 2015. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht geendet hat.

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg.

Grundsätze der Entscheidung

Das BAG hatte mit Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09 entschieden, dass bei einer sachgrundlosen Befristung § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nach verfassungskonformer Auslegung Vorbeschäftigungen nicht erfasse, die länger als drei Jahre zurückliegen. Von dieser Rechtsprechung musste das BAG nun in der vorliegenden Entscheidung abweichen, da das BVerfG in seiner Entscheidung vom 06.06.2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 entschieden hatte, dass das BAG durch die Annahme, der dreijährigen Karenzzeit, die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten habe. Der Gesetzgeber habe eine solche Karenzzeit erkennbar gerade nicht regeln wollen.

Zwar hatte das BVerfG in seiner Entscheidung auch gesagt, dass die Fachgerichte den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einschränken können und müssen, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist. So z.B. weil eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, anders geartet war oder nur von kurzer Dauer gewesen ist. Ein solcher Fall lag dem BAG am 23.01.2019 jedoch nicht zur Entscheidung vor.

Das vorangegangene Arbeitsverhältnis lag nur acht Jahre zurück. Auch kann sich die Beklagte laut BAG nicht darauf berufen, sie habe die vereinbarten Befristungen im Vertrauen auf die Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2011 vereinbart. Das BAG nimmt den Standpunkt ein, die Beklagte hätte jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass die damals vorgenommene verfassungskonforme Auslegung vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte.

Daher ist die sachgrundlose Befristung nicht wirksam.

Ausblick

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Das BAG wurde vom BVerfG nun gezwungen seine Rechtsprechung zu ändern. Dies ist zu begrüßen, da die vom BAG gewählte Karenzzeit von drei Jahren weder vom Wortlaut des Wortes „zuvor“ gedeckt war noch gab es Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung gewünscht hätte.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden in der Zukunft von dieser Rechtsprechungsänderung profitieren, da die Hürden einer sachgrundlosen Befristung für den Arbeitgeber nun höher geworden sind.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16 –

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