Entgeltansprüche

Die Hauptpflicht des Arbeitnehmers besteht in seiner Pflicht, die geschuldete Arbeit zu erbringen. Hierfür muss der Arbeitgeber die vereinbarte Arbeitsvergütung bezahlen (§ 611a Abs. 2 BGB). Für die Höhe des Entgeltes ist die getroffene Abrede maßgeblich. Bei Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludent abgeschlossenen oder unwirksamen Vereinbarung wird sie fingiert, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist (§ 612 Abs. 1 BGB). Die übliche Arbeitsvergütung entspricht regelmäßig dem Tariflohn der jeweiligen Branche, auch wenn dieser Tarifvertrag nicht unmittelbar anwendbar ist.

Die Arbeitsvergütung ist nach § 107 GewO in Euro zu berechnen und auszuzahlen Der Arbeitgeber schuldet einen Bruttolohn, d.h. er ist auch zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer verpflichtet. Nur die Nettovergütung wird an den Mitarbeiter bargeldlos ausgezahlt. Auch wenn nur ein Nettobetrag vereinbart wird, muss der Betrag vom Arbeitgeber auf den Bruttobetrag hochgerechnet werden. Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer eine Abrechnung in Textform zu erteilen.

Sonderzahlungen

Zum Entgelt zählen auch Gewinnbeteiligungen (Tantiemen), Provisionen, Prämien, Zuschläge, Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), sonstige Einmalzahlungen und Sachbezüge sowie die Überlassung eines Dienstwagens.

Auf zusätzliches Urlaubsgeld (oder auf Weihnachtsgeld) hat man keinen gesetzlichen Anspruch, er ergibt sich aber aus anwendbaren Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem Arbeitsvertrag. Im Einzelfall auch nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung, wenn die Sonderzuwendung zuvor mehrere Jahre vorbehaltslos gewährt wurde.

In wenigen Ausnahmefällen können sich Ansprüche auf Sonderzahlungen auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben, d.h. wenn nur ein einzelner aus sachwidrigen Gründen von betrieblichen Leistungen ausgenommen werden soll.

Von Urlaubsgeld als zusätzlich gezahlter Sondervergütung ist das Urlaubsentgelt zu unterscheiden, dies ist die Vergütungsfortzahlung während des Urlaubs.

Urlaubsentgelt

Das Urlaubsvergütung bemisst sich nach dem Durchschnittsverdienst einschließlich aller Zuschläge, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen erhalten hat (§ 11 BUrlG). Ausgenommen ist der zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsverdienst. Ist vereinbart, dass der Arbeitgeber Vorschüsse leistet und später abrechnet, sind die in den letzten drei vollen Kalendermonaten vor Urlaubsbeginn fällig gewordenen Provisionsansprüche zugrunde zu legen. Verdiensterhöhungen und Zuschläge nicht nur vorübergehender Natur sind zu berücksichtigen. Verdienstkürzungen infolge von Kurzarbeit, Arbeitsunfall oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht, ebenso während des Urlaubs weitergezahlte Vergütungen. Zur Arbeitsvergütung gehörende Sachbezüge (Naturallohn), die während des Urlaubs nicht gewährt werden, sind angemessen bar abzugelten (§ 11 Abs. 1 S. 4 BUrlG).

Das Entgelt pro Urlaubstag berechnet sich bei einer Fünf-Tage-Woche nach der Formel: Entgelt der letzten 13 Wochen geteilt durch 65.

Arbeitet der Arbeitnehmer zu unregelmäßigen Zeiten, ist der durchschnittliche Verdienst pro Stunde zu ermitteln (sog. Geldfaktor) und mit der Anzahl der Arbeitsstunden zu multiplizieren, die der Arbeitnehmer ohne den Urlaub gearbeitet hätte (sog. Zeitfaktor). Im Rahmen des Zeitfaktors sind auch Überstunden zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer geleistet hätte, wenn er nicht im Urlaub wäre. Tarifverträge dürfen abweichend von der gesetzlichen Regelung andere Methoden zur Berechnung des Urlaubsentgelts heranziehen, die geeignet ist, ein Urlaubsentgelt sicherzustellen, wie es der Arbeitnehmer bei Weiterarbeit ohne Freistellung voraussichtlich hätte erwarten können.

„Geld ohne Arbeit ?“

Der Arbeitgeber kann auch zur Zahlung der Arbeitsvergütung verpflichtet sein, ohne dass der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung erbringen muss. Dies ist vor allem der Fall bei Annahmeverzug des Arbeitgebers (§ 615 BGB) und bei einem von ihm zu tragendem Betriebsrisiko, bei einer vom Arbeitgeber zu vertretenden Unmöglichkeit der Arbeitsleistung sowie bei Erkrankung des Arbeitnehmers (Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) oder sonstiger Arbeitsverhinderung, bei der Stellensuche, während des Urlaubs und an Feiertagen. Solche Ansprüche ergeben sich aus Gesetzen (z.B. §§ 615, 616 BGB, BUrlG oder EntgeltfortzahlungsG) oder aus anwendbaren Tarifverträgen.

Zahlt der Arbeitgeber zu Unrecht keinen Lohn und bezieht der Arbeitnehmer Lohnersatzleistungen (z.B. Krankengeld, Arbeitslosengeld), geht sein Anspruch in Höhe der gewährten Sozialleistungen auf den Sozialversicherungsträger (z.B. Krankenversicherung, Agentur für Arbeit) über.

Wann gilt ein Tarifvertrag für mein Arbeitsverhältnis?

Voraussetzung für eine Anwendung von Tarifverträgen ist eine beidseitige Tarifbindung. Sie liegt vor, wenn der Arbeitnehmer Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft und der Arbeitgeber Mitglied des am Tarifabschluss beteiligten Arbeitgeberverbands ist oder selbst den Tarifvertrag mit der Gewerkschaft abgeschlossen hat (§ 3 Abs. 1 TVG). Die beiderseitige Gebundenheit an den TV ist unverzichtbare Voraussetzung für die zwingende Geltung von Tarifnormen, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Arbeitsvertragsparteien betreffen (§ 4 Abs. 1 TVG).

Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen in Tarifverträgen gelten bereits dann, wenn nur der Arbeitgeber Mitglied im tarifschließenden Verband ist oder hierüber einen Haustarifvertrag geschlossen hat. Die Gewerkschaftsmitgliedschaft des AN ist nicht erforderlich, weil betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen nicht das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer bestimmen, sondern das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der gesamten Belegschaft. Für diese Regelungen ist ausschlaggebend, dass sie wegen ihrer Eigenart notwendigerweise für alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen abstrakt beschriebenen Teil von ihnen gleichermaßen gelten müssen (z. B. Torkontrollen).

Die Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG endet bei mit dem Ende der Mitgliedschaft von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer in einer der abschließenden Tarifvertragsparteien. Nach § 3 Abs. 3 TVG gelten die Bestimmungen des Tarifvertrag aber noch bis zu seinem Auslaufen (Nachbindung an Tarifverträge). Ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband hat also keine unmittelbare Wirkung.

Fehlt die Tarifbindung auf einer Seite, „gelten“ die tariflichen Inhaltsnormen per Gesetz nicht. Ist nur der Arbeitgeber tarifgebunden, wird allerdings in aller Regel trotzdem der betreffende Tarifvertrag im Arbeitsverhältnis tatsächlich angewendet. Der Arbeitgeber wird in den von ihm gestellten Arbeitsverträgen auf den Tarifvertrag oder die Tarifverträge (z.B. Manteltarifvertrag und/oder Entgelttarifvertrag) Bezug nehmen, an die er selbst gebunden ist und die er gegenüber den tarifgebundenen Arbeitnehmer seines Betriebs anwenden muss oder will (Bezugnahme auf Tarifvertrag im Arbeitsvertrag). Oder der Tarifvertrag wird „betriebsüblich“ angewendet, ggf. in Form einer sog. Gesamtzusage. Möglich ist auch die Bezugnahme auf (branchenübliche) Tarifverträge im Arbeitsvertrag, wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist.

Manche Tarifverträge gelten auch zwingend –unabhängig von der beidseitigen Tarifbindung-, wenn sie der Gesetzgeber für allgemeinverbindlich erklärt hat (§ 5 TVG) oder wenn sie nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz gelten sollen.

Zurückbehaltungsrecht bei Lohnrückstand?

Der Schuldner hat nach § 273 BGB das Recht, seine Leistung zu verweigern, bis sein Gläubiger der ihm obliegenden Leistungspflicht nachgekommen ist.

Durch die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts wird der Arbeitnehmer wegen des Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung von der Leistungspflicht frei, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Der Arbeitnehmer ist z. B. berechtigt, die Arbeit in Räumen zu verweigern, die über das zulässige Maß hinaus mit Gefahrstoffen (z.B. Asbest Arbeitsschutz) belastet sind. Beide Ansprüche stammen aus dem Arbeitsverhältnis, sind also gegenseitige Ansprüche. Kein Zurückbehaltungsrecht besteht hingegen gegenüber einer Forderung aus unerlaubter Handlung (Es wurde z.B. privat ein Schaden zugefügt) oder bei nur geringfügigen Lohnrückständen.

Die Rechtsprechung geht bisher noch davon aus, dass in der Regel 1-2 volle Gehälter rückständig sein müssen, bis der Arbeitnehmer die Arbeit berechtigt verweigern darf. Er muss dies auch vorher ankündigen und den Arbeitgeber zur Zahlung unter Fristsetzung auffordern. Der Arbeitnehmer muss gegenüber dem Arbeitgeber deutlich machen, dass er die Arbeitsleistung wegen der Vergütungsrückstände einstellt. Die Vorgehensweise ist am besten vorher mit der Agentur für Arbeit abzusprechen, um deren Eintrittspflicht abzuklären.

Macht der Arbeitnehmer wegen Vergütungsrückständen ein Zurückbehaltungsrecht berechtigt geltend, gerät der Arbeitgeber nach § 298 BGB in Annahmeverzug. Das Zurückbehaltungsrecht kann in vorformulierten Arbeitsverträgen nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (§ 309 Nr. 2 BGB).

Macht der Arbeitnehmer berechtigterweise ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitskraft geltend, ist eine deswegen ausgesprochene außerordentliche oder ordentliche Kündigung regelmäßig unwirksam. Die rechtsirrtümliche Ausübung eines nicht bestehenden Zurückbehaltungsrechts durch den Arbeitnehmer kann aber eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Es ist daher angeraten, die Rechtslage vorher abzuklären. Sprechen Sie unsere Spezialisten für Arbeitsrecht an.

Der Arbeitnehmer hat an den ihm überlassenen Arbeitsgeräten (z. B. einem Laptop, Handy oder einem Dienstwagen) kein Zurückbehaltungsrecht, da er in der Regel nur Besitzdiener ist (vgl. § 855 BGB).

Auslegung von Arbeitsverträgen

Oft sind Klauseln in Arbeitsverträgen zu Lohnzahlungspflichten oder Sonderzahlungen nach dem Recht der AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) (§§ 305 ff BGB) unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Die Verwendung solcher Klauseln geht dann zu Lasten des Arbeitgebers.

Ein Beispiel sind Freiwilligkeitsklauseln, d.h. gewisse Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, werden als freiwillige Leistung bezeichnet. In Kombination mit Widerrufsklauseln, sind sie oft unwirksam. Hier kommt es auf den genauen Wortlaut an.

In der Bezeichnung eines Vergütungsbestandteils als „freiwillige“ Leistung kommt in der Regel nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber diese Leistung unverbindlich gewähren will (§ 305c Abs. 2 BGB). Diese Bezeichnung kann auch so verstanden werden, dass der Arbeitgeber damit verdeutlichen will, nicht durch sonstige Regelungen zu dieser Leistung verpflichtet zu sein. Unwirksam, weil unklar und missverständlich, ist regelmäßig die vielfach verwandte Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern.

Wird die Leistung unter einem Widerrufsvorbehalt gezahlt, besteht bis zur Ausübung des Widerrufsrechts ein Anspruch des Arbeitnehmer auf die Leistung. Der Widerruf einer Leistungszulage kann allerdings nicht nach freiem Ermessen erfolgen; er unterliegt in vorformulierten Arbeitsverträgen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB. Daher müssen bei einem Widerrufsvorbehalt bei den Widerrufsgründen zumindest die Richtung angegeben werden, aus der ein Widerruf möglich sein soll, z.B. wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmer. Die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts ist zulässig, soweit der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25% liegt, der Tariflohn nicht unterschritten wird und die Widerrufsgründe in der Vereinbarung bezeichnet sind.

Die einzelnen Klauseln können nur im individuellen Fall rechtssicher beurteilt werden. Es lohnt sich aber meist, den Vertrag prüfen zu lassen, um kein Geld zu verschenken.