Die Entscheidung im Monat November 2017 für die Praxis

Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für Gesundheitsschutz?

Leitsatz:

Die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bezieht sich auf die Behandlung einer Angelegenheit. Betreffen Regelungsmaterien unterschiedliche Mitbestimmungstatbestände, folgt aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die eine Angelegenheit keine solche für die andere.

Hintergrund:

Vorliegend ging es um die Frage, wer originär für den Gesundheitsschutz und wer für die Einführung und das Tragen einheitlicher Firmenkleidung zuständig ist. Der Gesamtbetriebsrat hatte eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen zum Thema „Einführung und Anwendung einheitlicher Dienstkleidung“. Wenige Zeit später hat ein örtlicher Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz abgeschlossen. Der Gesamtbetriebsrat ist der Auffassung, dass aufgrund einer teilweisen Überschneidung der Regelungsgegenstände die örtliche Betriebsvereinbarung unwirksam wäre. Das Bundesarbeitsgericht führte zur Frage der Zuständigkeit und zum Regelungsinhalt des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG Arbeits- und Gesundheitsschutz aus:

„Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. …
Hiernach unterfallen die verfahrensgegenständlichen Regelungen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Mit ihnen sind Maßnahmen festgelegt, um die aufgrund von Hitze oder Kälte in den Arbeitsräumen auftretenden Belastungen für die Arbeitnehmer zu verringern. Es handelt sich um betriebliche Regelungen, welche die Pflichten der Arbeitgeberin nach § 3 a Abs. 1 Satz 1 ArbStättV näher ausgestalten . …
Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegt grundsätzlich dem von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählten Betriebsrat. …
In Unternehmen mit mehreren Betrieben sind im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG regelmäßig die Einzelbetriebsräte für die Regelung der davon erfassten Angelegenheiten zuständig. …
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde folgt eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die strittigen Maßnahmen nicht aus dessen Kompetenz für – im Wege der GBV Unternehmenskleidung getroffene – Regelungen zu einer einheitlichen Unternehmensbekleidung. …
Die Rechtsbeschwerde verkennt aber, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Regelungen der BV Klima und dem Regelungsbereich einer einheitlichen Unternehmensbekleidung nicht um dieselbe „Angelegenheit“ iSd. § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt. Die einheitliche Unternehmensbekleidung betrifft die betriebliche Ordnung und ist Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.“

Ergebnis:

Für den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz ist regelmäßig der örtliche Betriebsrat zuständig, es sei denn, es würde zwingende unternehmenseinheitliche Vorgaben und Verpflichtungen geben. Für die unternehmenseinheitliche Einführung und Ausgestaltung der Unternehmenskleidung ist regelmäßig der Gesamtbetriebsrat zuständig.

Bundesarbeitsgericht vom 18.07.2017 – 1 ABR 59/15 –

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